Petra Krenn, Vorsitzende des IHK-Mittelstandsausschusses, kritisiert überbordende Melde- und Dokumentationspflichten
Die im IHK-Mittelstandsausschuss vertretenen Unternehmerinnen und Unternehmer kümmern sich intensiv um Themen, die vor allem kleinere und mittlere Betriebe betreffen. Seit langer Zeit ein großes Ärgernis ist die staatliche verordnete Bürokratie. Denn kleinere Unternehmen können sich kaum auf ganze Abteilungen oder spezialisierte Mitarbeiter stützen – vieles muss von der Unternehmensleitung selbst geleistet werden und belastet zusätzlich im Tagesgeschäft. In loser Folge stellen Mitglieder des Mittelstandsausschusses in der „Saarwirtschaft“ ihr persönliches Bürokratie-Ärgernis vor. Zum Auftakt sprachen wir mit Petra Krenn, Geschäftsführerin von OD Ottweiler Druckerei und Verlag, der Vorsitzenden des IHK-Mittelstandsausschusses. Die IHK-Vizepräsidentin engagiert sich zudem im Mittelstandsausschuss des DIHK sowie im Mittelstandsbeirat des Bundesministers für Wirtschaft und Energie. Krenn fordert eine deutliche Reduzierung und Vereinfachung der behördlichen Dokumentationspflichten, hat aber auch Verbesserungsvorschläge.
Frau Krenn, die OD beschäftigt 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie kritisieren die Bürokratie, besonders für KMUs. Wie sehr leiden Sie unter der Pflicht, Ihre Betriebszahlen zu dokumentieren?
Krenn: Wir leiden vor allem darunter, dass es immer mehr wird. Ein paar Stunden für die Dokumentationspflichten hört sich nicht viel an, aber die Summe macht´s. Wir haben auch noch das operative Geschäft, um das wir uns heute noch intensiver kümmern müssen. Ich nenne nur ein paar Stichworte: Digitalisierung, Fachkräftesicherung, Marktstrategie etc.
Können Sie Beispiele für Dokumentationspflichten nennen?
Krenn: Wir sind zum Beispiel dazu verpflichtet, Statistiken für die Landesstatistikbehörden zu erheben. Schon die Erstellung der vierteljährlichen Verdiensterhebung dauert rund 2,5 Stunden, die jährliche Kostenstrukturerhebung nimmt noch einmal doppelt so viel Zeit in Anspruch. Nur für diese beiden Aufstellungen benötigt eine Person im Unternehmen fast zwei Arbeitstage pro Jahr. Dazu kommen auch noch die Statistiken für die Berufsgenossenschaft,
die Agentur für Arbeit, die Sozialversicherungen, das Finanzamt, die Künstlersozialkasse usw. Das Schlimme aber ist, dass der Aufwand dafür in den vergangenen Jahren immer größer wurde. Zu den bestehenden Dokumentationspflichten kommen immer wieder neue hinzu, wie etwa Dokumentationspflichten zum Mindestlohn, neue Vorgaben für die Beschäftigung von Leiharbeitern, um nur zwei weitere zu nennen.
Es gibt doch ein Gesetz zum Bürokratieabbau. Zeigt das nicht, dass die Politik etwas tut?
Krenn: Das ist doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Derzeit ist das dritte Bürokratieentlastungsgesetz in Kraft. Aber bisher hat sich bei uns noch nicht einmal das erste und zweite bemerkbar gemacht. Die Politik müsste diesbezüglich viel mehr tun und vor allem dafür sorgen, dass die Entlastungen auch bei uns ankommen.
Wollen Sie denn Statistiken, Dokumentationen und Formulare komplett abschaffen?
Krenn: Volkswirtschaftliche Statistiken zu erheben und nachkontrollierbare Standards sind ja grundsätzlich nicht verkehrt. Eine gewisse Bürokratie gibt es in jedem Land der Welt. Speziell für Deutschland wünsche ich mir aber, dass sich der Aufwand dafür in einem engen Rahmen hält. Dafür müsste man zuerst einmal prüfen, welche Informationen überhaupt noch
bei den Unternehmen selbst abgefragt werden müssen oder ob es mittlerweile andere Möglichkeiten gibt, wo sich die Ämter die Daten ziehen können.
Was meinen Sie konkret?
Krenn: Verschiedene Behörden fragen bei uns die selben Daten ab. Das bedeutet, dass wir die identischen Informationen – manchmal in leicht veränderter Form – bei anderen Stellen wieder einreichen müssen. Da muss es doch andere Möglichkeiten geben.
Wie könnte das anders funktionieren – haben Sie einen Vorschlag?
Krenn: Dafür ist die Digitalisierung unserer Verwaltung dringend erforderlich. Es geht nicht nur um die Online-Erfassung von Daten für ein einzelnes Formular. Die Daten müssen vielmehr in einen Pool eingespeist werden, auf die andere „Datenerheber“ dann zugreifen können. Ich bin keine IT-Expertin, aber das kann doch nicht so schwer sein, die bereits vorhandenen Daten besser zu nutzen. Statistische Landesämter könnten sich die Verdienstangaben zum Beispiel von den Sozialversicherungen oder den Finanzämtern holen. Außerdem werden eine Vielzahl von Daten von Unternehmen zusammengestellt, wenn sie den Jahresabschluss erstellen und Finanzberichte im Bundesanzeiger veröffentlichen bzw. hinterlegen. Bei dieser Gelegenheit könnten die Unternehmen weitere Informationen hinterlegen. Die Behörden könnten sich dann die Daten, die sie brauchen, auch aus diesem zentralen „Pool“ abrufen. Natürlich müsste sichergestellt sein, dass diese nicht öffentlich zugänglich sind und die Auswertung anonym erfolgt.
Was ist Ihr Rat an Unternehmer(innen), die ebenfalls mit bürokratischen Hemmnissen zu kämpfen haben?
Krenn: Mein Rat: Wenden Sie sich mit konkreten Beispielen an Ihre IHK. Wir werden die Themen in die politischen Entscheidungsprozesse, über den DIHK auch nach Berlin und Brüssel, einbringen.
Ansprechpartner:
Dr. Mathias Hafner, Telefon 06 81 / 95 20 – 300, mathias.hafner@saarland.ihk.de