Der Gründer des größten diakonischen Unternehmens war zugleich auch der Erfinder des Spendenbriefes. Was Friedrich von Bodelschwingh bereits im Jahrhundert praktizierte, wird mit den Online- und Print-Medien des 21. Jahrhunderts auf ein zeitgemäßes Niveau gehoben.
Von GERHARD MÄRTTERER
Zum Spendenbrief gab von Bodelschwingh den Rat: „Sende ihn zur richtigen Zeit mit der richtigen Aussage an die richtige Adresse.“ Intuitiv praktizierte er etwas, das heute in der internationalen Literatur als „Donor Centered Fundraising“ bezeichnet wird. Dies, so Wikipedia, „setzt voraus, dass Wünsche, Motive und Einstellungen der Gebenden berücksichtigt werden und Kommunikation von hier aus geplant wird“.
Der Sprung vom 19. ins 21. Jahrhundert
Was bei von Bodelschwingh noch ins Gedächtnis und Notizbuch passte, füllt heute Datensilos und Data-Lakes. Was beim Altmeister noch Einfühlungsvermögen und Bauchgefühl waren, besorgen heute Predictive Analytics und Zielgruppenmodelle. Gesteuert und verbreitet werden solche Donor Journeys von einem Customer Relationship Management (CRM) in Kombination mit einem Marketing Automation System (MAS). Mit diesem Instrumentarium erzeugen Fundraiser hochindividuelle One-to-One Kommunikation.
Der optimale Kanalmix
Thilo Reichenbach, Head of Brand & Digital bei Aktion Deutschland Hilft sagt dazu im Juni-Interview der Fachzeitschrift „ONEtoONE“: „Marketing-Automatisierung findet bei uns vor allem im Bereich des E-Mail-Marketing statt. Den Bereich der Marketing-Automatisierung werden wir künftig ausbauen. Denn ein granulares, zielgruppengerechtes, automatisiertes Marketing ist in der Regel kosteneffizienter als das Gießkannenprinzip.“ Reichenbach sieht in der Spende ein Vertrauensgut: „Die Spender müssen der Organisation schlicht vertrauen, dass diese die Spende gemäß des Spender-Willens gut umsetzt.“ Eine breite Markenbekanntheit dank klassischer Medien schaffe dieses Vertrauen. Aber den Spendenabschluss einleiten, das würden die dialogorientierten Kanäle in Online und Print am unteren Ende des Funnels. Am weitesten entwickelt in der Marketing- Automation ist das E-Mail-Marketing. Was in Customer Journeys „The next best offer“ ist, das wird in Donor Journeys zu „The next best action“. Das können zum Beispiel Vorschläge für Patenschaften sein. Dabei werden gemäß den Analytics stets die für jeden Donortypus passenden Spenden empfohlen.
Print-Mailings in neuer Form
Doch E-Mails stoßen an Grenzen. Dann bietet sich eine Kombination mit dem im Fundraising bewährten Printkanal an. Allerdings in einer ganz neuen Form. Sie heißt Programmatic Print. Programmatische Print-Mailings werden als Unikat erzeugt: je nach Zielperson passend. So können Spenderlisten beispielsweise durch Zielgruppenmodelle wie Limbic Types angereichert werden. Wie das geht, beschreibt der Malteser Hilfsdienst und seine Agentur GFS Fundraising Solutions in den DDV-Branchentrends („Fundraising mit Gehirn“). Das Verblüffende dabei: Die Durchschnittsspende konnte bei der Testgruppe Performer um 33 Prozent erhöht werden.
Digital optimierte Druckprozesse
Alles wird digital auf Highspeed-Inkjet-Maschinen gedruckt. Die Zeiten sind passé, als Mailings noch im Rollenoffset farbig vorgedruckt und dann in Schwarz mit Namen und Adresse personalisiert wurden. Zu Offset- Zeiten mussten verschiedene Versionen noch hintereinander gedruckt und separat postaufgeliefert werden. Digitaldrucker denken in Unikaten. Viele Unikate – hintereinander in postalisch richtiger Reihenfolge – ergeben in Summe eine einzige Aussendung: optimiert für den Postversand gemäß den günstigsten Dialogpost-Tarifen der Deutschen Post.
Von Hard- und Software zur Brainware
Hardware und Software fürs Programmatic Printing sind etabliert. Doch die „Brainware“ – also das Hirn der Marketiers – muss von Vorurteilen befreit und upgedated werden. In der Wirtschaftskommunikation geschieht dies bereits. Im Fundraising stehen wir noch am Anfang. Wissensvermittlung tut not. Dazu wurde die PPA – Programmatic Print Alliance gegründet. Sie möchte ein Milieu des Wandels schaffen und damit einen Mindshift bei Marketiers wie Fundraisern bewirken. Die zehn Gründungsmitglieder kommen aus allen Bereichen des Programmatic Print. Alle lernen voneinander und geben ihr Wissen und Know-how in Seminaren, Kongressen und Symposien weiter.
Download der Studie „Fundraising mit Gehirn“:
https://www.ddv.de/branchentrends-im-dialogmarketing-fundraising-mit-gehirn.html